Münchhausen und Clarissa : Ein Berliner Roman by Paul Scheerbart

Münchhausen und Clarissa : Ein Berliner Roman by Paul Scheerbart

Autor:Paul Scheerbart [Scheerbart, Paul]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 3518379003
Herausgeber: Suhrkamp
veröffentlicht: 1986-12-31T23:00:00+00:00


Der Freitag

Am Freitag kam der Baron kurz vor sieben Uhr abends in die Rabensteinsche Villa und sah sehr frisch und vergnügt aus.

»Meine Damen und Herren«, sagte er gleich, »heute bitte ich um Ihre größte Aufmerksamkeit, denn ich habe Ihnen Dinge von Melbourne zu erzählen, die Ihr Erstaunen erregen werden.«

Nach diesen Worten versammelten sich Alle gleich im großen Saale, und der Baron sprach so lebhaft, wie er noch nie gesprochen hatte; Alles lauschte, und der Baron erzählte das Folgende:

»Wenn man die Quarkereien hört, die man in Europa hören kann, so könnte man bersten vor Grimm. Aber in Melbourne wars besser; da konnte man an jedem Freitag mit einem Luxuszuge ins Innere der Erde fahren.

Die Wagen fuhren auf Gummirädern, die oben über dem Zuge angebracht waren, sodaß man kein Geräusch hörte, während man bequem in einer Sofaecke saß und zum Fenster hinausblickte.

Es ging zunächst durch kolossale Bergwerke, die prächtig erleuchtet funkelten; da sah man alle Arten von Gesteinen und Metallen, auch kleine Flüsse und viele edle Steine, Farben gabs da in Menge; man sah groteske Höhlen und große Felslandschaften mit weiten Perspektiven, auch viele Nebelgebilde und seltsame Rauchwirbel. Und es fiel mir garnicht unangenehm auf, daß vom blauen Himmel mit seinen Wolken nichts mehr zu bemerken war.

Und dann kamen wir immer tiefer und tiefer ins Gestein, und die Felsformen wurden immer phantastischer, und die Metalle und Edelsteine wurden immer massenhafter sichtbar – und dann gings ganz steil hinunter – mit blitzartiger Geschwindigkeit.

Allmählich kam der Zug dann wieder in die waagerechte Lage, und dann hielt er still, und wir durften auf der sogenannten Frühstücksstation aussteigen.

Und da saß man denn vor kolossalen Glasscheiben, hinter denen Walfische und andre große Fische scharenweise herumschwammen.

Aber ein Bahnbeamter machte uns gleich darauf aufmerksam, daß die Fische, die wir für Walfische hielten, ganz andre Walfische seien als die, die wir auf der Meeresoberfläche kennen lernen könnten; wir befanden uns nämlich siebentausend Meter unter dem Meeresspiegel in einem Tiefseegebiet, das allen Tauchern der Erde noch unbekannt ist; die großen Fische hatten alle riesig große Augen und sehr große Flossen und Schwänze.

Man aß in diesem Tiefseerestaurant natürlich nur Fische – aber natürlich nicht Tiefseefische, da die da unten selbstverständlich nicht gefangen werden konnten.

Die Techniker erzählten, mit welchem Raffinement die viele Meter starken Glasscheiben angebracht wurden – und wie sie auf der Seeseite mechanisch immerzu gereinigt würden.

Der Wasserdruck da unten ist natürlich so stark, daß das ganze Scheibenwerk nur durch Benutzung besondrer geologischer Verhältnisse herzustellen war; die Erörterung derselben würde mich aber zu weit ablenken.

Genug – die Scheiben waren da.

Und außerdem waren auch noch große Glasscheibentunnels da, durch die wir weiter fuhren – auf dem Meeresboden – sieben bis neuntausend Meter unter dem Meeresspiegel.

Da sah man denn rechts und links immer größere Fische – und kolossale quallenartige Tiere – und Tiere mit mächtigen Schlangenleibern. Und außerdem bemerkten wir ungeheure Tiere, die so aussahen, als wären sie mit dem Meeresboden fest zusammengewachsen.

Ein Professor, der in meinem Wagen neben mir saß, erklärte mir, daß einige der großen Tiere tatsächlich mit dem Meeresboden zusammengewachsen seien.

›Sie



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